Kein Sachverhalt zu komplex, um
nicht einfach geregelt werden zu können.
Erbteilung
a) Erbengemeinschaft
Hinterlässt der Erblasser mehrere Erben, so bilden diese eine Erbengemeinschaft. Die Erbengemeinschaft besitzt keine eigene Rechtspersönlichkeit. Sie ist ein Gesamthandverhältnis, wobei die Rechte den Mitgliedern gemeinsam zustehen (ZGB 602 I). Die Mitglieder sind Gesamteigentümer aller Gegenstände (ZGB 602 II) und sind gesamthänderisch an allen Forderungen berechtigt. Für den Nachlass können nur alle Erben gemeinsam handeln (BGE 121 III 118 ff.). Die Verwaltung der Erbschaft und Verfügung über die Rechte erfolgt ausschliesslich gemeinsam (ZGB 602 II).
b) Teilungsanspruch
Jeder einzelne Erbe hat vorbehältlich eines vertraglichen, gerichtlichen oder gesetzlichen Teilungsaufschubs einen unverjährbaren Anspruch auf Teilung des Nachlasses (ZGB 604 I). Er kann auf dem Klageweg geltend gemacht werden. Durch die Erbteilung werden die einzelnen zum Nachlass gehörenden Vermögenswerte zwecks Realisierung der ideellen Quote aufgeteilt und die gegenseitigen Ausgleichsansprüche der Erben verbindlich festgestellt. Die einzelnen Nachlassaktiven werden vom Gesamt- ins Alleineigentum überführt.
c) Teilungsaufschub
Der jederzeitige Teilungsanspruch nach ZGB 604 I fehlt bei Vorliegen eines Aufschubtatbestandes. Ein Teilungsaufschub besteht in folgenden Fällen:
- Die Miterben können die Teilung vertraglich für eine gewisse Zeit ausschliessen (ZGB 607 II e contrario). Einstimmigkeit ist erforderlich.
- Der Erblasser kann die Teilung in einer letztwilligen Verfügung für eine bestimmte Zeit ausschliessen (BGE 113 II 136 ff.). Bei Einstimmigkeit können die Erben davon abweichen.
- Das Gericht kann die Teilung zeitlich aufschieben, wenn diese im konkreten Zeitpunkt derart ungünstig wäre, dass die Nachlassgegenstände erheblich an Wert verlieren würden (ZGB 604 II).
- Sodann sieht das Gesetz in ZGB 605 I und 606 Aufschubstatbestände vor.
d) Gleichbehandlung der Erben
Alle gesetzlichen und eingesetzten Erben sind qualitativ gleich zu behandeln (ZGB 607 I und 610 I, BGE 112 II 211). Bei der Teilung haben sie gleichermassen Anspruch auf die Gegenstände. Zudem haben sie gleichen Anspruch auf Auskunft über das Verhältnis der anderen Erben zum Erblasser, sowie dies für die Verteilung notwendig ist (ZGB 610 II, BGE 127 III 401 f.). Wegen der möglicherweise unterschiedlich grossen Erbansprüche besteht dagegen keine quantitative Gleichbehandlung.
e) Zuweisungsanspruch in natura
Die Erben haben Anspruch auf Zuweisung von Nachlassgegenständen in natura (BGE 108 II 539). Ein Erbe kann den Gegenstand fordern und muss sich nicht mit dem aus dessen Verkauf resultierenden Erlös begnügen (ZGB 610 I). Dies gilt selbst dann, wenn die Veräusserung zur Tilgung von Schulden notwendig wäre (ZGB 613 II). Voraussetzung ist in beiden Fällen allerdings, dass
- der Erbe in der Lage ist, die Gegenstände auf Anrechnung an seinen Erbteil zu übernehmen oder
- falls die Gegenstände diesen wertmässig übersteigen, die anderen Erben bzw. Gläubiger abzufinden.
f) Versteigerung
Sind Nachlassgegenstände für die Erbteile wertmässig zu gross und können sich die Erben über deren Teilung bzw. Zuweisung gegen Ausgleichszahlungen nicht einigen, sind diese Gegenstände zu versteigern und der Erlös ist unter den Erben zu teilen (ZGB 612, BGE 112 II 209 und 97 II 24 f.). Die Verpflichtung eines Erben zur Übernahme des Objekts gegen Aufpreis ist ausgeschlossen.
g) Teilungsvorschriften
Der grundsätzliche Anspruch der Übernahme der Nachlassgegenstände in natura kann nicht nur durch wertmässig zu grosse Vermögenswerte und fehlende Erbeneinigung, sondern auch durch Teilungsvorschriften des Erblassers ausgeschlossen sein. Mittels Teilungsvorschriften des Erblassers kann dieser anordnen, dass
- ein Erbe alle Aktiven übernimmt gegen Ausgleichung des Mehrwerts in Geld an die übrigen Erben oder
- die Aktiven verkauft werden und der Erlös geteilt wird
- Bei Einstimmigkeit können die Erben von solchen Teilungsvorschriften abweichen.
h) Zuteilungsregeln
Das Gesetz formuliert dispositive Zuteilungsregeln zugunsten gewisser ausgewählter Erben. Der Erblasser kann jedoch abweichende Verfügungen treffen (BGE 119 II 323 ff.). Auch die Erben sind bei Einstimmigkeit nicht daran gebunden. Zuteilungsregeln sind vorgesehen für:
- den überlebenden Ehepartner bzw. eingetragenen Partner bezüglich des ehelichen Hauses oder der Wohnung oder des Hausrats (ZGB 612a, ZGB 219, ZGB 244);
- Forderungen des Erblassers gegen einen Erben, welche diesem zuzuweisen sind (ZGB 614);
- die Übernahme eines pfandbelasteten Vermögenswerts, indem dem Erben auch die pfandgesicherte Schuld zuzuweisen ist, sofern diese zum Nachlass gehört (ZGB 615). Für Vermächtnisnehmer hat diese Regelung keine Geltung;
- landwirtschaftliche Gewerbe in BGBB 11.
i) Einstimmigkeit der Erben
Bei Einstimmigkeit sind die Erben frei, die Art und Weise zu bestimmen, wie sie sich über die Teilung einigen wollen. Zu diesem Zwecke können sie ein bestimmtes Verfahren vereinbaren. Es ist umstritten, ob derartige Vereinbarungen betreffend Verfahrensregelungen zu ihrer Verbindlichkeit der Schriftlichkeit bedürfen oder nicht. Mit Blick auf ZGB 634 I ist das zu bejahen.
j) Keine Einstimmigkeit der Erben
Bei fehlender Einstimmigkeit der Erben schlägt das Gesetz vor, Lose zu bilden, welche den Erbteilen entsprechen (ZGB 611 I). Sind die Lose gebildet, müssen sich die Parteien darauf einigen, wer nun welches Los erhält. Das Gesetz schlägt Losziehung vor. Sofern sich die Erben nicht auf ein verbindliches Verfahren geeinigt haben, ist das Ergebnis der Losziehung allerdings nur verbindlich, wenn alle Erben mit der Zuteilung an sie selber einverstanden sind. In der Praxis werden die unbestrittenen Vermögenswerte zugeteilt und nur bei den streitigen Objekten das Los gebildet und gezogen.
Die Erben können für die Teilung auch die Mitwirkung von Dritten beanspruchen. Im Falle von ZGB 609 (BGE 129 III 318 ff. und 114 II 420) ist die Mitwirkung von Dritten zwingend. Ein Willensvollstrecker hat den Erben bei der Teilung zu helfen, kann die Teilung aber nicht verbindlich vornehmen. Zudem kann jeder Erbe verlangen, dass die nach kantonalem Recht zuständige Behörde ihre guten Dienste zur Verfügung stellt (ZGB 611 II).
k) Bewertung
Die Vermögenswerte sind zum Verkehrswert (BGE 125 III 5 ff.) zu schätzen. Das gilt nicht nur für Grundstücke (ZGB 617), sondern für alle Vermögenswerte. Die Verkehrswertermittlung ist teilweise schwierig. Das ist insbesondere bei Unternehmen der Fall, welche nicht an der Börse kotiert sind (BGE 120 II 259 ff.). Streitig kann zudem sein, ob der Fortführungs- oder Liquidationswert massgeblich ist. Bei landwirtschaftlichen Gewerben und Grundstücken ist nicht der Verkehrs-, sondern der Ertragswert massgebend (ZGB 619).
Für die Zuteilung aller Vermögenswerte hat die Bewertung auf den Zeitpunkt des Abschlusses der Teilung zu erfolgen. Für die Berechnung der Pflichtteile, der Ausgleichung und der Erbteile ist hingegen der Zeitpunkt der Eröffnung des Erbganges, das heisst des Todes des Erblassers massgebend (ZGB 537 II). Können sich die Erben nicht einigen, wird der Anrechnungswert durch amtliche bestellte Sachverständige geschätzt (ZGB 618).
l) Teilungsarten
Die Teilung erfolgt durch:
- Übereinstimmende Willenserklärung der Erben:
- Realteilung (ZGB 634 I). Die Losziehung ist vorbereitende Handlung. Die Entgegennahme der Lose bedeutet Übernahme der Gegenstände;
- Teilungsvertrag (ZGB 634 I). Dadurch werden die Erben verpflichtet, die zum Vollzug der Teilung notwendigen Massnahmen zu treffen.
- Urteil gestützt auf eine Teilungsklage
m) Vollständige Teilung
Die Erbteilung ist vollständig, wenn alle Vermögenswerte aufgeteilt werden und die Erbengemeinschaft aufgelöst wird. Das spezifisch erbrechtliche Gesamthandverhältnis ist beendet.
n) Partielle Teilung
Die Teilung ist:
- objektiv partiell, wenn sie sich nur auf bestimmte Nachlasswerte bezieht und andere unverteilt im Nachlass verbleiben. Bezüglich dieser besteht die Erbengemeinschaft weiter.
- subjektiv partiell (BGE 116 Ib 449f. = Pra 80 Nr. 224 S. 949 ff.), wenn einzelne Erben ausscheiden und die Erbengemeinschaft mit den verbleibenden Erben weiter geführt wird.
o) Teilung und Ausgleichung
Eine Ausgleichung kann solange nicht verlangt werden, als die Erbengemeinschaft noch besteht. Der Anspruch auf Ausgleichung kann vor der Erbteilung nicht verjähren. Ausgleichung ist ein Teil der Erbteilung.
p) Angefallene Erbschaft
Bei noch bestehender Erbengemeinschaft und noch nicht erfolgter Teilung erlaubt es ZGB 635, dass ein Erbe seinen Erbteil veräussert und zwar durch:
- Abtretung an einen Miterben (ZGB 635 I) mittels schriftlichem Abtretungsvertrag (BGE 99 II 26 f., 101 II 233). Der abtretende Erbe scheidet aus der Erbengemeinschaft aus. Sein Anteil geht mit dinglicher Wirkung an den Zessionar als Miterben (BGE 118 II 519);
- Abtretung an eine Drittperson (ZGB 635 II): Gemäss h.L. ist auch dazu Schriftlichkeit erforderlich. Die erworbenen Rechte sind rein obligatorischer Natur und wirken nur gegenüber dem Veräusserer. Die Drittperson hat weder ein Interventionsrecht anlässlich der Erbteilung noch erlangt sie Erbenstatus. Zu den Miterben besteht kein Rechtsverhältnis.
q) Nicht angefallene Erbschaft
Bei Vorliegen des Einverständnisses des Erblassers (ZGB 636 I e contrario) kann ein Erbe über einen ihm noch nicht angefallenen Erbteil verfügen und diesen zu Lebzeiten des Erblassers einer Drittperson übertragen. Der Vertrag bindet bloss die Vertragsparteien, nicht den Erblasser. Der Vertrag hat auch keine Auswirkungen auf die erbrechtliche Stellung der Vertragsparteien, sondern hat nur obligatorische Wirkungen: Der Erwerber erwirbt einen Anspruch auf das Teilungsergebnis. Verträge über Erbanwaltschaften bedürfen der schriftlichen Form, während der Erblasser seine Zustimmung formlos äussern darf.
r) Teilungsklage
Bei fehlender Einigkeit der Erben betreffend Aufteilung des Nachlasses ist die Erbteilungsklage zu erheben (ZGB 604). Diese bezweckt die autoritäre subjektive und objektive Aufteilung des Nachlasses durch das Gericht bzw. den Übergang von der Gesamthandschaft zur Alleinzuständigkeit und kann vorbehältlich eines Teilungsaufschubs jederzeit erhoben werden. Die Teilungsklage unterliegt keiner Verjährung. Zu deren Behandlung sind die Zivilgerichte am letzten Wohnsitz des Erblassers örtlich zuständig.
Aktivlegitimiert sind nur gesetzliche und eingesetzte Erben resp. deren Erben. Passivlegitimiert ist nicht die Erbengemeinschaft, sondern sind alle Miterben persönlich. Mehrere Beklagte bilden eine notwendige Streitgenossenschaft. Anerkennt ein Miterbe die Teilungsklage, beschränkt sich diese nur noch auf die übrigen Erben (BGE 100 II 441).